Dienstag, 19. April 2016

Atomwaffenlager Diensthop




 





















Dieser Eintrag ist die Fortsetzung zu meinem vorhergehenden Eintrag "Atomwaffenlager Dünsen". Da ich gelesen habe, daß das SAS Diensthop bei Barme mittlerweile geschleift, und das Gelände renaturiert worden ist, habe ich mich entschlossen, diese Dokumentarfotos hier zu zeigen. Ich habe sie im Jahre 2007 gemacht, als das SAS (Special Ammunition Site) noch unzugänglich war. Entsprechend hatte zu diesem Zeitpunkt noch kein Vandale die Anlage betreten. Sie war völlig frei von Graffiti-Schmierereien, und sie war zu jenem Zeitpunkt noch vollständig mit allen Zäunen, Scheinwerfern etc. erhalten, so als sei sie gerade erst verlassen worden. Es herrschte in der völligen Stille eine unheimliche, atemberaubende Stimmung, so, als sei die Zeit stehen geblieben. Die Funktionen der einzelnen Bauten beschreibe ich hier nicht, weil ich das schon im Eintrag über Dünsen gemacht habe (die SAS-Anlagen waren nahezu baugleich). Zu erwähnen ist nur, daß die grünen Stahlkäfige vor den Bunkertoren Ende der 70er Jahre als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme angebracht worden sind. 

Das SAS Diensthop befand sich auf dem Gelände der Standortmunitionsniederlage 254/1 der auf dem Gelände der ehemaligen Pulverfabrik "Eibia GmbH Anlage Weser" liegenden Garnison Barme. 

Diensthop bei Barme (Ldkrs. Verden/Aller) war gewissermaßen ein Schwesterlager von Liebenau und Dünsen. Es wurde 1971 zwecks Lagerung von Atomsprengköpfen für die Honest-John-Artillerieraketen des in Barme stationierten "RakArtBtl 32" der Bundeswehr erbaut. Nach der Ausmusterung der Honest John im Jahre 1980 wurden im SAS - wie in Liebenau und Dünsen - weiterhin atomare Rohrartillerie-Granaten gelagert, in Diensthop für zwei in Lüneburg stationierte Artillerie-Spezialzüge. Diensthop war das Sonderwaffenlager der 3.Panzerdivision. Die zuständige amerikanische Einheit, die über die Schlüsselgewalt über die Atomsprengköpfe verfügte und im Ernstfall die Freigabecodes bekommen hätte, war das “25th US Army Field Artillery Detachment”. Bewacht wurde das SAS bis 1987 von der “5./RakArtBtl 32” (Begleitbatterie), danach bis zur Auflösung des SAS Diensthop am 07.09.1988 von der dem 3.Artillerieregiment in Stade direkt unterstellten “Begleitbatterie 3”. Das SAS Diensthop wurde rund ein Jahr vor der Wende leergezogen. Der Beschluß der Nuklearen Planungsgruppe von 1983 zur Reduzierung der in Westeuropa lagernden Atomwaffen hatte - wie im Fall Dünsen - dazu geführt. 









 


























Sonntag, 17. April 2016

Atomwaffenlager Dünsen




















Dünsen liegt bei Harpstedt im Landkreis Oldenburg. Auf dem Gelände der ehemaligen Luftmunitionsanstalt (Muna) Dünsen aus dem Zweiten Weltkrieg richtete die Bundeswehr ein Atomwaffenlager für das Raketenartilleriebataillon 112 (Delmenhorst-Adelheide) ein. Ab 1963 wurden hier die Atomsprengköpfe für die Honest-John-Artillerieraketen des Bataillons gelagert, nach deren Ausmusterung im Jahre 1980 dann Atomgranaten für die Rohrartillerie zweier Artillerie-Spezialzüge in Oldenburg. Bewacht wurde das Atomwaffenlager von der 5./RakArtBtl 112 (Begleitbatterie). Diese war ab 1973 in der Barbara-Kaserne in Delmenhorst-Adelheide untergebracht, was bei Alarm für die Bereitschaftszüge eine 10 km lange Fahrt über öffentliche Straßen zum Atomwaffenlager Dünsen erforderlich machte. Nach der Ausmusterung der Honest John wurde die Begleitbatterie zunächst in "4./RakArtBtl 112" umbenannt. Die Schlüsselgewalt über die Atomwaffen hatten die Amerikaner, die neben der Bundeswehr mit ihrem "5th US Army Field Artillery Detachment" in Dünsen vertreten waren. Ab Mitte der 1980er Jahre wurde die Begleitbatterie der Bundeswehr (Bewachung des SAS und Transport) aus dem Raketenartilleriebataillon ausgegliedert und als eigenständige Begleitbatterie 11 dem Artillerieregiment 11 in Oldenburg direkt unterstellt. Infolge eines Beschlusses der Nuklearen Planungsgruppe von 1983 zur Reduzierung der Atomwaffenbestände in Westeuropa, zogen die Amerikaner die Atomsprengköpfe 1987, also bereits vor der Wende, aus Dünsen ab. Die Anlage wurde nicht sofort aufgegeben, sondern noch einige Zeit zum Trainieren anderer Begleitbatterien genutzt. Vermutlich ist das SAS (Special Ammunition Site) Dünsen heute das einzige in Niedersachsen, das bisher noch nicht geschleift worden und als Ruine noch weitgehend erhalten ist. Fragt sich nur, wie lange noch. Es wurde lediglich entfestet und der charakteristische, an die DDR-Grenze erinnernde, unüberwindliche Doppelzaun beseitigt. Durch diese Entfestung ist der ursprüngliche, extrem martialische Eindruck größtenteils verloren gegangen. Außerdem wächst allmählich alles mit Bäumen zu.

Die ersten beiden Bilder ganz oben zeigen eine Gesamtansicht des Wachgebäudes von den Munitionsbunkern aus gesehen. Deutlich erkennbar ist der große zentrale Wachturm mit seiner an die DDR-Grenze erinnernden Bauweise. Auf der gegenüberliegenden Seite ist der schmale Funkmast für den UKW-Nahbereichsfunk zu sehen. Das dritte Bild zeigt das dem Wachgebäude vorgelagerte Sozial- und Aufenhaltsgebäude (das frühere Wachgebäude der 60er und 70er Jahre). Das Bild darunter ist eine Nahaufnahme des in den 80er Jahren erbauten Wachgebäudes. Die Fenster sind aus Panzerglas, darunter sind Schießscharten angebracht. Das Wachgebäude ist aus massivem Beton gebaut und absolut anschlagssicher. Es war vollklimatisiert und mit einer Schutzbelüftung ausgestattet.

Die ersten zwei Foto unterhalb dieses Textblocks zeigen die Personenschleuse am Eingang in den inneren Bereich der Anlage, darunter eine Nahaufnahme des Wachturms. Auf dem vierten Bild unterhalb dieses Textblocks sind die zwei Atomwaffenbunker zu sehen, im Hintergrund das Heizhaus. Darunter folgen die Nahaufnahme eines Bunkers und das Innere eines der beiden Bunker. Das siebente Bild zeigt drei Bunker außerhalb des SAS-Bereichs in der direkt angrenzenden Standortmunitionsniederlage 241/2.  Hier wurden u.a. die Raketentriebwerke gelagert.



































Es folgen drei Fotos von einem verbunkerten, vermuteten Aufenthaltsgebäude der Muna Dünsen aus dem Zweiten Weltkrieg. Es befindet sich in der Nähe des SAS. Das letzte Foto zeigt den ehemaligen Funkturm des Richtfunknetztes der bundesdeutschen Luftwaffe am Südrand der Muna Dünsen. Wer den Funkturm heute nutzt, ist mir nicht bekannt. Neben dem bisher erwähnten Atomwaffenlager, die diesem zugeordnete US-Einheit und dem Luftwaffen-Funkturm, lagen auf dem Gelände der ehemaligen Muna in den 1980er Jahren auch der Mobilmachungsstützpunkt des Schwimmbrückenbataillon 170, ein holländisches Korpsdepot für Betriebsstoffe, sowie eine holländische Einheit. Nach der Wende zogen die Amerikaner 1992 sämtliche taktischen Atomwaffen des Heeres aus Deutschland ab. Für das SAS Dünsen, das ohnehin schon seit 1987 leer stand, gab es somit endgültig keine Verwendung mehr. Entsprechendes galt für die Standortmunitionsniederlage 241/2. Das Schwimmbrückenbataillon wurde 1993 aufgelost, und Ende der 90er Jahre zogen auch die Holländer ab. Damit endete die militärische Nutzung der ehemaligen Muna Dünsen. Das Gelände wurde 2005 verkauft. Heute ist es bis auf Weiteres öffentlich zugänglich, ausgenommen die mittlerweile von Gewerbebetrieben genutzten Bereiche. Die Öffnung hat allerdings zu starken Beschädigungen und Schmierereien durch Wandalismus im SAS-Bereich geführt.






















Montag, 4. April 2016

Hansestadt Herford




























Die Stadt Herford geht auf die Gründung des dortigen Frauenstiftes um das Jahr 800 zurück. Das Benediktinerinnen-Stift erlangte im 12. Jahrhundert die Reichsunmittelbarkeit. Herford entwickelte sich zu einer bedeutenden Handelsstadt. Vom 13. Jahrhundert bis 1530 wurde Herford kondominial regiert, das heißt, das reichsunmittelbare Stift und die Stadt hatten eine gemeinsame Regierung, wodurch die Stadt eine quasi-reichsunmittelbare Stellung erlangte. 1342 trat Herford der Hanse bei. Mit der Reformation wurde 1533 das Stift protestantisch. 1631 erlangte die Stadt Herford die Reichsfreiheit. Diese ging jedoch 1647 nach der Annexion durch das Kurfürstentum Brandenburg (das spätere Preußen) verloren. Brandenburg hatte die Grafschaft Ravensberg, in der Herford lag, bereits durch den Vertrag von Xanten im Jahre 1614 in Besitz erlangt, und schlug die Stadt nun dieser Grafschaft zu. Herford wurde somit eine preußische Provinzstadt und blieb dies bis heute. Das Stift Herford wurde 1802 kurz vor dem Reichsdeputationshauptschluß aufgehoben, das Gelände ebenfalls der preußischen Grafschaft Ravensberg zugeschlagen. Nach 1810 zog dort eine Spinnerei ein. Mit dem Bau des neuen Rathauses auf dem Stiftsgelände im Jahre 1916 verschwanden die Stiftsgebäude vollständig. 1816 wurde Herford Kreisstadt des gleichnamigen preußischen (heute nordrhein-westfälischen) Landkreises. Von 1911 bis 1968 war Herford vorübergehend kreisfreie Stadt. Spätestens ab dem frühen 19. Jahrhundert war sie auch Garnisonsstadt. Die drei Kasernen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg von der Britischen Armee genutzt. Von 1990 bis 2009 befand sich in Herford die Zentrale des britischen Soldatensenders BFBS. Seit dem vollständigen Abzug der Briten im Jahre 2015 ist die Stadt militärfrei. Erwähnenswert ist auch, daß Herford Sitz der Nordwestdeutschen Philharmonie ist, eines der drei Sinfonieorchester Nordrhein-Westfalens.  Heute hat Herford ca. 65500 Einwohner. 

Die ersten drei Fotos ganz oben zeigen den heute noch erhaltenen Charakter der Innenstadt als der einer ehemals bedeutenden reichen Kaufmanns- und Hansestadt. Das vierte und fünfte Bild zeigen das Herforder Münster (Stiftskirche) des ehemaligen reichsunmittelbaren Stifts. Sie wurde 1220-1250 erbaut. Seit 1533 ist sie evangelisch. 

Die ersten vier Bilder unterhalb dieses Textblocks zeigen weitere Impressionen aus der Altstadt. Darunter folgen ein Foto vom Brunnen des Neuen Marktes und zwei Bilder von der evangelischen Johanniskirche, erbaut im 14. Jahrhundert. Sie war keine Stifts- sondern eine Stadtkirche. 



 
   



































Es folgen zwei Bilder von der 1878 gegründeten Herforder "Brauerei Felsenkeller". Das "Herforder Pils" ist nicht nur in Ostwestfalen eines der verbreitetsten Biere, sondern es war lange Zeit auch im Südkreis Diepholz ein Bier mit hoher regionaler Identifikation. Gastronomie, Volksfeste, Sportvereine und Veranstaltungen im Kreis Diepholz südlich der Linie Barnstorf-Sulingen hatte die Herforder Brauerei bis vor einigen Jahren fest im Griff. Dann eroberten sich im Südkreis Diepholz und auch in Ostwestfalen zunehmend sauerländer Großbrauereien und die kleine Lübbecker Barre-Brauerei Markanteile und drängten die Herforder erkennbar zurück. In den 1980er Jahren hatte die Herforder Brauerei mit einer Jahresproduktion von 1 Million Hektolitern noch zu den größten Privatbrauereien Deutschlands gezählt. Bis 2006 war die Produktion mit 515.000 Hektolitern um fast die Hälfte geschrumpft. Im Jahre 2007 schluckte schließlich der sauerländer Braukonzern "Warsteiner Gruppe" die Herforder Brauerei. Die Marke wurde jedoch aufgrund einer Bestandsgarantie erhalten. Das Herforder Pils, wie es heute gebraut wird, gehört eher zum unteren Pressegment. Das Bier hat eine leicht süßlich-malzige Note.