Montag, 25. Juli 2016

Bremen, Kriegerdenkmal















In den Bremer Wallanlagen befindet sich südlich der Kunsthalle das monumentale Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges ("Ehrenmal Altmannshöhe"). Es wurde 1935 erbaut und ist ein exemplarisches Werk der NS-Kunst. Die Anlage besteht aus einer riesigen, einen Hof ringförmig umschließenden Klinkermauer, in deren Klinker die Namen der Gefallenen eingraviert sind. Auf dem Hof steht ein symbolischer, steinerner Sarkophag. Vor dem Eingang in die Anlage befindet sich ein Vorhof mit der Skulptur "Mutter mit Kindern". Der große Haupthof kann nicht betreten werden, da er mit einem verschlossenen eisernen Tor gesichert ist, vermutlich um die Anlage vor Vandalismus zu schützen. Am Eingang ist eine Informationstafel angebracht, die ich hier wörtlich zitiere:

"Das Denkmal zu Ehren der Gefallenen des Ersten Weltkrieges wurde 1934-35 nach Entwürfen des Landschaftsarchitekten Heinrich Friedrich Wiepken-Jürgensmann (1893-1973) und des Bildhauers Ernst Gorsemann (1886-1960) errichtet. Im Sinne der nationalsozialistischen Politik wurde die Gedenkfunktion um die Gefallenen der Division Gerstenberg und des Freikorps Caspari sowie um drei 1933 getötete Bremer NSDAP-Mitglieder erweitert. Die Division Gerstenberg und das Freikorps Caspari waren 1919 maßgeblich an der Zerschlagung der Bremer Räterepublik beteiligt. Ernst Gorsemann war zur Zeit der Denkmalserrichtung vorübergehend Leiter der 'Nordischen' Kunsthochschule Bremen, der nationalsozialistisch geprägten Kunstakademie. Er war kein NSDAP-Mitglied, seine damalige Nähe zum Nationalsozialismus ist jedoch unumstritten. 1936 ergänzte Ernst Gorsemann die Anlage durch die Skulptur einer Mutter mit Kindern. Bauwerk und Skulptur wurden während des Zweiten Weltkriegs beschädigt. 1945 wurde die Anlage instand gesetzt und die Steintafeln mit den Namen der drei Nationalsozialisten entfernt. Die Skulptur der Mutter wurde von Ernst Gorsemann erneuert und 'thematisch überarbeitet'. Sie wurde jedoch erst wieder 1963 nach dem Tod des Bildhauers aufgestellt. Das Denkmal steht exemplarisch für wenige, noch erhaltene große Kriegsgedenkstätten aus der nationalsozialistischen Periode 1933-1945 in Deutschland. Die Konvention (Ehrenhain mit Altar) geht auf das späte Kaiserreich zurück und war ursprünglich in diesem Sinn als ein Ort der Stille gedacht. Im nationalsozialistischen Bremen wurde das Denkmal zu einem Ort für Massenveranstaltungen im ideologischen und propagandistischen Sinn der damaligen Machthaber." [Zitatende]  

Die umlaufende Inschrift am oberen Rand der Klinkermauer lautet: + Wir Toten + Wir Toten sind groeßere Heere als ihr auf der Erde + als ihr auf dem Meere + Wir fluegten das Feld mit geduldigen Taten + Ihr schwinget die Sicheln und schneidet die Saaten + und was wir vollendet und was wir begonnen + das fuellt noch dort oben die rauschenden Bronnen + und all unser Lieben und Hassen und Hadern + das klopft noch dort oben in sterblichen Adern + und was wir an gueltigen Saetzen gefunden + dran bleibt aller irdische Wandel gebunden + und unsere Toene + Gebilde + Gedichte erkaempfen den Lorbeer im strahlenden Lichte + Wir suchen noch immer die menschlichen Ziele + Drum ehret und opfert + Denn unser sind viele +
 

Die Inschrift am Sarkophag lautet: "1914 - 1918 10.000 Maenner und Juenglinge zogen aus dieser Stadt in Krieg und Tod. Niemand hat groeßere Liebe denn die, daß er sein Leben lasset fuer seine Freunde."  

Die Anlage ist heute ein geschütztes Kulturdenkmal.



















Es folgen ein Bild der Skulptur "Mutter mit Kindern" von Ernst Gorsemann (hergestellt 1936, erneuert und überarbeitet nach 1945) und ein Bild der Skulptur "Sterbender Jüngling" von Herbert Kubica aus dem Jahre 1936. Die Veränderungen der "Mutter mit Kindern" (ursprünglich hieß sie "Deutsche Mutter") von nach 1945 betreffen den Kopf der Skulptur, dessen NS-typischer kalter, herrischer und zu allen Opfern entschlossene Ausdruck stark abgemildert wurde. Der "sterbende Jüngling" war ein Denkmal mit Sockel-Inschrift für die Gefallenen der Division Gerstenberg und des Freikorps Caspari. Die Inschrift lautete: "Im Kampf um Bremens Freiheit am 4. Februar 1919 fielen in den Reihen des Freikorps Caspari und der Division Gerstenberg …“ Dieses Denkmal stand ursprünglich auf dem Liebfrauenkirchhof, wurde im Zweiten Weltkrieg in der Kunsthalle untergebracht und 1955 ohne Inschrift in den Wallanlagen unweit des Kriegerdenkmals wieder aufgestellt. Der Lorbeerzweig, den die Figur ursprünglich als Siegeszeichen in der Hand hielt, wurde entfernt. 

Die zu den regulären Truppen gehörende Division Gerstenberg wurde im Januar 1919 von Gustav Noske (SPD) nach der Niederschlagung des Spartakusaufstandes in Berlin in Marsch gesetzt, um auch die revolutionäre, links-sozialistische  Bremer Räterepublik, die im Zuge der deutschen Revolution von 1918 entstanden war, gewaltsam niederzuschlagen. Zu der regulären Truppe trat das Freikorps Caspari, einer irregulären Einheit aus 600 reaktionären Freiwilligen. Die Räterepublik wurde am 4. Februar 1919 an nur einem Tag zerschlagen.
















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