Sonntag, 17. April 2016

Atomwaffenlager Dünsen




















Dünsen liegt bei Harpstedt im Landkreis Oldenburg. Auf dem Gelände der ehemaligen Luftmunitionsanstalt (Muna) Dünsen aus dem Zweiten Weltkrieg richtete die Bundeswehr ein Atomwaffenlager für das Raketenartilleriebataillon 112 (Delmenhorst-Adelheide) ein. Ab 1963 wurden hier die Atomsprengköpfe für die Honest-John-Artillerieraketen des Bataillons gelagert, nach deren Ausmusterung im Jahre 1980 dann Atomgranaten für die Rohrartillerie zweier Artillerie-Spezialzüge in Oldenburg. Bewacht wurde das Atomwaffenlager von der 5./RakArtBtl 112 (Begleitbatterie). Diese war ab 1973 in der Barbara-Kaserne in Delmenhorst-Adelheide untergebracht, was bei Alarm für die Bereitschaftszüge eine 10 km lange Fahrt über öffentliche Straßen zum Atomwaffenlager Dünsen erforderlich machte. Nach der Ausmusterung der Honest John wurde die Begleitbatterie zunächst in "4./RakArtBtl 112" umbenannt. Die Schlüsselgewalt über die Atomwaffen hatten die Amerikaner, die neben der Bundeswehr mit ihrem "5th US Army Field Artillery Detachment" in Dünsen vertreten waren. Ab Mitte der 1980er Jahre wurde die Begleitbatterie der Bundeswehr (Bewachung des SAS und Transport) aus dem Raketenartilleriebataillon ausgegliedert und als eigenständige Begleitbatterie 11 dem Artillerieregiment 11 in Oldenburg direkt unterstellt. Infolge eines Beschlusses der Nuklearen Planungsgruppe von 1983 zur Reduzierung der Atomwaffenbestände in Westeuropa, zogen die Amerikaner die Atomsprengköpfe 1987, also bereits vor der Wende, aus Dünsen ab. Die Anlage wurde nicht sofort aufgegeben, sondern noch einige Zeit zum Trainieren anderer Begleitbatterien genutzt. Vermutlich ist das SAS (Special Ammunition Site) Dünsen heute das einzige in Niedersachsen, das bisher noch nicht geschleift worden und als Ruine noch weitgehend erhalten ist. Fragt sich nur, wie lange noch. Es wurde lediglich entfestet und der charakteristische, an die DDR-Grenze erinnernde, unüberwindliche Doppelzaun beseitigt. Durch diese Entfestung ist der ursprüngliche, extrem martialische Eindruck größtenteils verloren gegangen. Außerdem wächst allmählich alles mit Bäumen zu.

Die ersten beiden Bilder ganz oben zeigen eine Gesamtansicht des Wachgebäudes von den Munitionsbunkern aus gesehen. Deutlich erkennbar ist der große zentrale Wachturm mit seiner an die DDR-Grenze erinnernden Bauweise. Auf der gegenüberliegenden Seite ist der schmale Funkmast für den UKW-Nahbereichsfunk zu sehen. Das dritte Bild zeigt das dem Wachgebäude vorgelagerte Sozial- und Aufenhaltsgebäude (das frühere Wachgebäude der 60er und 70er Jahre). Das Bild darunter ist eine Nahaufnahme des in den 80er Jahren erbauten Wachgebäudes. Die Fenster sind aus Panzerglas, darunter sind Schießscharten angebracht. Das Wachgebäude ist aus massivem Beton gebaut und absolut anschlagssicher. Es war vollklimatisiert und mit einer Schutzbelüftung ausgestattet.

Die ersten zwei Foto unterhalb dieses Textblocks zeigen die Personenschleuse am Eingang in den inneren Bereich der Anlage, darunter eine Nahaufnahme des Wachturms. Auf dem vierten Bild unterhalb dieses Textblocks sind die zwei Atomwaffenbunker zu sehen, im Hintergrund das Heizhaus. Darunter folgen die Nahaufnahme eines Bunkers und das Innere eines der beiden Bunker. Das siebente Bild zeigt drei Bunker außerhalb des SAS-Bereichs in der direkt angrenzenden Standortmunitionsniederlage 241/2.  Hier wurden u.a. die Raketentriebwerke gelagert.



































Es folgen drei Fotos von einem verbunkerten, vermuteten Aufenthaltsgebäude der Muna Dünsen aus dem Zweiten Weltkrieg. Es befindet sich in der Nähe des SAS. Das letzte Foto zeigt den ehemaligen Funkturm des Richtfunknetztes der bundesdeutschen Luftwaffe am Südrand der Muna Dünsen. Wer den Funkturm heute nutzt, ist mir nicht bekannt. Neben dem bisher erwähnten Atomwaffenlager, die diesem zugeordnete US-Einheit und dem Luftwaffen-Funkturm, lagen auf dem Gelände der ehemaligen Muna in den 1980er Jahren auch der Mobilmachungsstützpunkt des Schwimmbrückenbataillon 170, ein holländisches Korpsdepot für Betriebsstoffe, sowie eine holländische Einheit. Nach der Wende zogen die Amerikaner 1992 sämtliche taktischen Atomwaffen des Heeres aus Deutschland ab. Für das SAS Dünsen, das ohnehin schon seit 1987 leer stand, gab es somit endgültig keine Verwendung mehr. Entsprechendes galt für die Standortmunitionsniederlage 241/2. Das Schwimmbrückenbataillon wurde 1993 aufgelost, und Ende der 90er Jahre zogen auch die Holländer ab. Damit endete die militärische Nutzung der ehemaligen Muna Dünsen. Das Gelände wurde 2005 verkauft. Heute ist es bis auf Weiteres öffentlich zugänglich, ausgenommen die mittlerweile von Gewerbebetrieben genutzten Bereiche. Die Öffnung hat allerdings zu starken Beschädigungen und Schmierereien durch Wandalismus im SAS-Bereich geführt.






















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