Sonntag, 20. März 2016

Geschichtsspuren auf dem Kellenberg


 

 







Auf der höchsten Erhebung des Kellenberg (77 m) bei Rehden (Kreis Diepholz) befindet sich ein weithin sichtbarer alter Antennen-Gittermast. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit handelt es sich um die ehemalige "UKW-Rundspruchsende- und Richtfunkverbindungsstelle 219 Kellenberg (Rehden 1)" des Warndienstes. Sie ist auf einer Karte in dem Buch "Bunker aus dem Kalten Krieg" (ISBN 978-3-613-03549-2) auf Seite 72 verzeichnet. Der Warndienst gehörte zur Zivilverteidigung während des Kalten Krieges. Die bundesweit 10 Warnämter unterstanden dem Bundesamt für Zivilschutz. Für den Kreis Diepholz war das Warnamt II (Bassum) zuständig. Im Falle eines Dritten Weltkrieges sollte von dort aus die Luftlage für die Zivilverteidigung beobachtet werden. Dazu liefen in den Warnämtern die Daten der NATO-Luftverteidigungsgefechtsstände und der eigenen Beobachtungs- und Meßstellen (Messung auf radioaktive Verstrahlung, sowie chemische und biologische Kampfstoffe) zusammen. Die Warnämter sollten bei Bedarf zentral den Sirenenalarm und die Alarmierung der Bevölkerung über Rundfunk auslösen. Behörden und größere Betriebe erhielten separate Warnungen über die Luftlage via Fernsprechleitungen der Bundespost.

Da die Leitungen der Post im "Verteidigungsfall" anfällig gegen Ausfall waren, wurde ab 1961 ein leitungsunabhängiges UKW-Rundspruchsende- und Richtfunknetz aufgebaut. Es sollte auch die Kommunikation zwischen den Warnämtern und  mit den Befehlsstellen der Landesregierungen sicherstellen. Herzstück war ein Netz von Sendeanlanlagen, mit dem die ganze Republik überzogen wurde. Die Sendetürme mit ihren Einrichtungen (RV-Stellen) wurden weitgehend nach einem einheitlichen Baumuster errichtet. Unter dem Antennenmast befand sich ein unterirdischer Technik-Schutzbau in einem "atombombensicheren" Schutzbunker der Schutzklasse "S 2" für vier Mann Besatzung mit Dieselgenerator, Luftfiltern, Schlafraum, Aufenthaltsraum, sanitären Anlagen und Kochnische. Der Bunker sollte für 30 Tage einen von der verstrahlten Außenwelt hermetisch abgeschlossenen, autarken Betrieb ermöglichen. Auf dem zweiten Bild ist rechts der Abgang zum Bunker deutlich zu erkennen. Vermutlich ist der Bunker noch komplett erhalten. Bis 1968 hatte der Warndienst etwa 60 RV-Stellen errichtet, darunter die auf dem Kellenberg, doch bereits 1969 übernahm aus Kostengründen die Bundespost das bis dahin warndiensteigene Netz. Das ganze Projekt des RV-Stellen-Funknetzes wurde Anfang der 70er Jahre schließlich eingestellt. Die Bundespost nutzte die RV-Stellen fortan teils für eigene Zwecke und teils veräußerte sie sie an andere Nutzer. Die RV-Stelle auf dem Kellenberg ging offenbar zunächst an das Rote Kreuz, wie auf dem dritten Bild zu sehen ist. Der Warndienst und die Warnämter wurden 1997/98 aufgelöst. Der Antennenmast wird noch heute genutzt, ob immer noch vom Roten Kreuz und/oder anderen Nutzern, ist mir nicht bekannt. 

Eine weitere Geschichtsspur des Kalten Krieges ist auf dem Kellenberg unweit der ehemaligen RV-Stelle das ehemalige Korps-Depot 158 (Hemsloh-Rodemühlen) für das 1. Korps der Bundeswehr. In der BRD befand sich ein ganzes Netz solcher versteckten Depots. Sie sollten im "Verteidigungsfall" die NATO-Truppen auf dem Gebiet der Bundesrepublik mit Ausrüstungen,Treibstoff und Munition versorgen. Die beiden Fotos unterhalb dieses Textblocks zeigen die Einfahrt in das Depot. Das Korps-Depot 158 verfügte außer dem Hauptlager über ein Außenlager für Kraftstoffe bei Ströhen (Han).  Nach der Wende wurden die Korps-Depots aufgegeben und leergezogen. Das Korps-Depot 158 übernahm eine Privatfirma für Pyrotechnik.  














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